Wir bleiben auf dem Teppich. Worte wie „Auferstehung“ und „Wiedergeburt“ überlassen wir den dafür zuständigen Glaubensgemeinschaften. Aber dass die Vienna Vibes heuer ein anderes Team sind als noch in den mühsamen letzten zwei bis drei Spielzeiten, ist mit freiem Auge erkennbar.
Der direkte Vergleich macht sicher: September 2023, Samstagfrüh, WAF Gruam, DSG Unterliga B, 4. Runde – der USK fängt sich in einem zähen Spiel gegen Nepomuk eine 0:3-Niederlage ein. Im Frühjahr lief es nur unwesentlich besser.
September 2024, Samstagfrüh, WAF Gruam, DSG Unterliga B, 4. Runde – fast genau ein Jahr später fährt die USK-Dampflok durch die Meldemannstraße und fährt einen furiosen 8:2-Auswärtssieg ein.
Dabei weist das Vorprogramm mit einigen zu spät kommenden und dem obligatorischen Verschläfer, der blöderweise seinen Wecker nicht gehört hat, durchaus Ähnlichkeiten mit dem Auftritt der vergangenen Saison auf. Generell verheißt so eine sportliche Frühstückszusammenkunft statistisch gesehen nichts Gutes. Der Autor dieses Berichts hat zwar keine validen Zahlen bei der Hand, aber alle Erinnerungsversuche an ein Vormittagsspiel, das vom USK gewonnen wurde, verlaufen in gähnende Leere. Es ist wohl gelebte Tradition, dass das Vorabendbier einigen unserer Recken besser schmeckt, als der Morgenkaffee.
Zucker am Morgen
Diesmal demonstrieren wir jedoch das Gegenteil. Von Sekunde eins an ist der USK putzmunter, stellt sich in der ersten Angriffsaktion gleich mal mit einem Stangenschuss vor und kurz darauf (2.) mit dem 1:0 per Kopf durch Kapitän Max nach Eckball.
Und weiter geht es in diesem Takt. 6. Minute: 2:0 durch Philipp, 9. Minute: 3:0 – Torschütze Daran in seinem Saisondebüt. Die Vibes zünden in der Anfangsphase ein Feuerwerk, bei dem die einzelnen Mannschaftsteile hervorragend ineinandergreifen und vor allem offensiv wunderbar harmonieren.
Obwohl Nepomuk immer wieder Nadelstiche in die Tiefe setzen kann (und auch zur einen oder anderen guten Torchance kommt), sind es die Vienna Vibes die den Ton angeben und zu weiteren Torerfolgen kommen. So auch in der 24. Minute, als MaxL mit einer Maßflanke (er kann nicht nur Traumtore schießen, sondern auch ganz gustiös assistieren) die Birne von Daran findet, der ein, laut eigenen Angaben, äußerst seltenes Kopftor erzielt.
Auch die 35. Minute lässt all jene mit der Zunge schnalzen, die es mit dem USK halten, als Bobo mit all seiner Vidovic’schen Eleganz zum 5:0 abzuckert.
Danach sind unsere Rot-Weißen wohl etwas übersättigt vom eigenen fußballerischen Gaumenschmaus, wodurch uns der Verdauungsschlaf etwas zu früh überkommt. Kollektive Unaufmerksamkeit bei einem Eckball, ermöglicht ein paar Minuten später (39.) das erste Saisontor der Gastgeber.
Auch danach übertreiben es unsere Buam in der Gruam leicht mit dem Jogo Bonito und verlieren den Faden. Trotzdem macht Philipp kurz vor dem Pausentee das halbe Dutzend voll (45.).
Was bespricht man nun bei besagtem Heißgetränk und dem schokoladig-süßen 6:1-Spielstand außer „Mahlzeit“ und „weiter so“. Man könnte immerhin versuchen, die doch zahlreichen Bälle in die Tiefe besser zu verteidigen, um noch mehr Kontrolle über das Spiel zu erlangen.
Keine Schlachtplatte, aber mehr als nur Brot
Und jetzt, wo der Tag langsam von Frühstück zu Brunch tendiert, wäre ein gesunder Appetit auf eine Schlachtplatte auch nicht verkehrt. Schließlich muss der ganze Zuckerguss des ersten Durchgangs mit etwas hemdsärmelig Pikanten unterfüttert werden.
Schlachtplatte ist in der WAF-Kantine aber leider aus. So gibt es noch das 7:1 in der 55. Minute, abermals durch Philipp, als willkommener Magenschließer und danach lange Zeit absolute Spielkontrolle – wobei der Endzweck des Toreschießens fast ein wenig in Vergessenheit gerät.
Für alle jene, die den Hals gar nicht vollbekommen und sogar die übriggelassenen Pizzaränder auf fremden Tellern verspeisen, hat die Schlussphase noch ein Elfer-Tor (86.) durch Max G. und den zweiten Treffer der Nepomuks (91.) – als wir schon etwas vorschnell um die Rechnung bitten – am Tableau.
Dass wir dann beim Bier danach die dritte Halbzeit knapp verlieren, sei den sympathischen Nepomuks erstens vergönnt und unseren gesättigten Athleten verziehen, sofern der Hunger spätestens im Mittwochtraining wieder voll zur Geltung kommt.
An dieser Stelle hat es ein Jahr zuvor 90 Minuten lediglich Brot und Wasser gegeben. Heuer war es ein Festmahl.
MG